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Aktuelles | El-Kothany, Helga | 13.06.2021 – 11.10.2021

Juni-Stammtisch: Schulgeschichten aus dem oberen Zabergäu

Sechzehn Teilnehmer, darunter eine ganze Reihe Lehrer, nahmen am Juni-Online-Stammtisch des Zabergäuvereins teil, bei dem die stellvertretende Vorsitzende Heidrun Lichner über Schulgeschichten aus dem oberen Zabergäu aus drei Jahrhunderten referierte.

Die Erfahrungen, die der junge Adlige Hans Walter von Sternenfels, Sohn des Erbauers des Zaberfelder Schlosses, über viele leidvolle Jahre machen musste, waren fast unvorstellbar schlimm. So schlimm, dass er schon als Kind ein Gelübde ablegte, später seinen Kindern niemals eine Erziehung zuzumuten wie die, die er und seine Geschwister erleiden musste.
In einem Pestjahr um 1600 von den Eltern in der Obhut oft tyrannischer, unmenschlicher Präzeptoren in Zaberfeld zurückgelassen – sie selbst zogen nach Unterriexingen, um der Pest zu entgehen – durchlitten Hans Walter und seine Geschwister Schuljahre heftigster körperlicher wie seelischer Misshandlungen häufig wechselnder Lehrer, darunter ein „Wüterich“, wie er später in seiner Biographie schrieb. Erst spät erfuhren die Eltern dank der Hilfe eines Söldners und Jägers von den Misshandlungen.
Nach Zaberfeld kamen die Kinder zu einem Lehrer im Hohenlohischen, von da nach Speyer und Straßburg und von dort erst nach Hause. Schließlich fehlte dem Vater das Geld für den Unterricht.
Auch im späteren Leben hatte er wenig Glück. Er kümmerte sich um das Hauswesen seiner verarmten Eltern und war später selbst so arm, dass er das Feld selbst pflügen musste.
Rat- und Schulhaus Ochsenburg
                                         Rat- und Schulhaus Ochsenburg

Einfach hatten es aber auch damals die Lehrer nicht.
In Ochsenburg gab es kein eigenes Schulgebäude. Der Schulmeister war von den Vogtsherren angestellt. Der Unterricht wurde in privaten Stuben oder in einer Stube im Pfarrhaus erteilt. Gab es keinen Platz, musste der Lehrer die Kinder in der eigenen Wohnung unterrichten.

In Zaberfeld mussten die Kinder ins Rathaus zum Unterricht gehen. Fanden Ratsversammlungen statt, fiel die Schule aus Platzmangel aus.
Ein Schulhaus wurde erst viel später gebaut.
1795 wurden 85 Kinder in einem einzigen Raum unterrichtet. Wer im Winter nahe beim Ofen saß, verglühte fast. Am Fenster war es dafür eisig, im Rest des Raumes war es finster. Wenn der Raum zu voll war, mussten die Mädchen zu Hause bleiben.
Erst mit dem Volksschulgesetz von 1836 und der Schulpflicht wurde ein schönes Schulgebäude errichtet, das leider abgerissen wurde.



Um die Lehrerbesoldung war es nicht gut bestellt. Lange erhielten die Schulmeister fürs Unterrichten keinen Lohn und mussten daher noch weitere Erwerbsquellen haben, zum Beispiel Mesner oder Kirchenorganist. Von Johann Ballier weiß man, dass er Gemüse am Rand des Friedhofs anbauen durfte.

In Ochsenbach waren die Verhältnisse besonders ärmlich, und in Michelbach wurde das Wirtshaus „Zur Krone“ zum Schulhaus umfunktioniert. Der Lehrer hatte darin eine eigene Wohnung.


                                  Ehemaliges Schulgebäude Michelbach

Aus einem Schultagebuch von Leonbronn erfährt man, dass die Kinder „Büschele“ binden mussten, womit in der Schule geheizt wurde.
1918 erst erfolgte die Trennung von Kirche und Schule, wodurch die Kirche keine Oberaufsicht mehr über die Schule hatte.

Prügel musste nicht nur Hans Walter von Sternenfels in der Schule einstecken. Der Fall eines Schülers aus Zaberfeld, dessen Vater sich über die Züchtigung geärgert hatte, ging bis vor die Königliche Staatsanwaltschaft Heilbronn.
1888 wurde in Brackenheim nachgefragt, ob der Lehrer die Kinder für außerschulische Tierquälerei züchtigen darf.

Am Ende hatten auch die Teilnehmer noch einiges aus ihrer Schulzeit zu berichten – ob als Schüler oder als Lehrer. So schlecht wie dem jungen Adligen ist es jedoch zum Glück keinem ergangen.