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Aktuelles | El-Kothany, Helga | 25.04.2022 – 23.08.2022

April-Stammtisch: Keine Schnapsidee

Oder doch? Jedenfalls sind es oft merkwürdige Wege, die zum Erfolg führen, wie die Teilnehmer des Online-Stammtisches im April Kurt Sartorius‘ unterhaltsamem Vortrag entnehmen konnten.
Mit vielen Bildern von Entstehung und Ausbau referierte der Bönnigheimer Heimatforscher und Museumsleiter über das weit über die Grenzen der Region hinaus bekannte Schnapsmuseum.

Geschichte der Destillen

Als der Bönnigheimer Schnapsbrenner Alfred Krebs 1977 seinen Betrieb einstellt, sieht beim Ausräumen Kurt Sartorius einen alten Schrank von 1797. Zu schade zum Wegwerfen und genau richtig für das Museum der 1977 gegründeten Historischen Gesellschaft. Die Brennerei sollte vom Zollamt verschrottet werden. Doch auch dafür hat Sartorius Verwendung. Die Destille wird zum Grundstock des Schnapsmuseums, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch niemand daran denkt. Sie ist geplant als Teil der vielen landwirtschaftlichen Geräte.
Da es schon so viele Weinmuseen gibt, empfiehlt das Landesmuseum 1985, eine andere spezielle Abteilung zu eröffnen.  Die Gründung eines Schnapsmuseums wird beschlossen, und pünktlich zur Feier „700 Jahre Stadtrecht Bönnigheim“ im Jahr 1993 wird es eröffnet.
Mit einer einzigen Brennerei fing es an. Mittlerweile beherbergt das Museum 108 Brennereien, alle vom Zollamt genauestens überwacht.
Um das Museum bekannt zu machen, rührt Sartorius die Werbetrommel – an einem Stand auf dem Mannheimer Maimarkt oder auf der CMT in Stuttgart. „Dann kommen die Leute ins Museum.“
Zur Ausstellung „Sollscht aber ned glaube“ über den Aberglauben kommt sogar die Fernsehmoderatorin des SWR Sonja Schrecklein zu Besuch.

Schwarzbrennerei

Schwarzbrennerei

Auch das wohl einzige noch erhaltene Apothekerlabor hinter der Alten Apotheke rettet der umtriebige Heimatforscher – passt es doch auch gut zum Schnapsmuseum. Schließlich werden Heilstoffe mit Alkohol aus Pflanzen gelöst und konserviert.
Der Umbau des bereits 1296 erbauten Steinhauses, das das Museum beherbergt, erfordert viele Maßnahmen, um modernen Sicherheitsstandards zu genügen. Von 1977 bis heute  sind viele tausend Arbeitsstunden von vielen ehrenamtlichen Arbeitern geleistet und 500.000 EUR investiert worden.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das Besucher aus ganz Deutschland anlockt, sind die Nachgeburtstöpfe, die Sartorius in 39 Kellern ausgegraben hat. Laboruntersuchungen bestätigen, dass sie wirklich Plazentas enthielten. Seit 2012 ist diese Abteilung fertiggestellt, und Sartorius hat sich als Erster in Deutschland wissenschaftlich mit den Nachgeburten beschäftigt.
„Das Haus ist das materielle Gedächtnis der Stadt Bönnigheim“, sagt der Museumsleiter. Ein Ort, der auch die Geschichte der jüdischen Familie Landau zeigt, die ihr Unternehmen verkaufen muss. Nachfolger wird die Brennerei Hammer. „Deutsche Geschichte kann man auch mit Schnapsflaschen zeigen“, sagt er augenzwinkernd.
Das Gebäude gehört der Stadt, die auch größere Reparaturen übernimmt. Der Verein beteiligt sich über Spenden und Einnahmen aus Verkostungen.
Nach wie vor ist Vermarktung wichtig. Bereits 40-mal war das Museum im Fernsehen, Busunternehmen werden angeschrieben, Geräte an andere Museen verliehen wie momentan an das Faust-Museum Knittlingen. „Leihgaben eignen sich gut als Werbeträger.“