News & Aktuelles

Aktuelles

Aktuelles | El-Kothany, Helga | 07.10.2025

September-Stammtisch: Bauhistorie des Brackenheimer Schlosses

Ein Witwensitz ohne Witwen

 

Beim September-Stammtisch des Zabergäuvereins, dem ersten nach der Sommerpause, referierte der Archäologe Dr. Roland Gläser über die Bauhistorie des Brackenheimer Schlosses, das wieder einmal – durch den Umbau zum Hotel und der entstehenden Weinwelt in den riesigen Kellergewölben – einer Veränderung unterzogen wird.


Dr. Gläser teilte die Historie in vier Bauphasen des Schlosses ein.
Im Jahr 1380 wurde die Burg, wohl zurückgehend auf die Herren von Magenheim, zum ersten Mal erwähnt. Sie muss ziemlich klein gewesen sein klein, Dr. Gläser vergleicht sie mit der Burg Neipperg. Sie war damals als Witwensitz gedacht für Antonia Visconti, die Ehefrau von Graf Eberhard III, die die enorme Mitgift von 70000 Goldgulden mit in die Ehe brachte. Sollte ihr Ehemann vor ihr sterben, würde sie nach Brackenheim ziehen und die Einnahmen aus dem Zabergäu, aus Brackenheim und Bietigheim erhalten. Tatsächlich war sie wohl nie in Brackenheim.
1552 wurde die Burg – oder eher schon Schloss – zum großen Teil abgerissen und auf dem Fundament von Baumeister Martin Berwart unter Herzog Christoph dreiflügelig mit West- und Ostflügel, verbunden durch einen Zwerchflügel, neu und deutlich größer wieder aufgebaut. Herzog Christoph kaufte deshalb angrenzende Häuser auf. Der Marstall war auf der anderen Seite der Obertorstraße. Für den Bau verwendete man offensichtlich viele Steine älterer Gebäude, denn es finden sich viele Zeichen von Steinmetzen, die es zu dieser Zeit nicht mehr gab.

Steinmetzzeichen

Auch die Herzogin Barbara Sophia v. Brandenburg, ebenfalls mit großer Mitgift und Ehefrau von Herzog Johann Friedrich, erhielt 1609 das Schloss als Witwensitz und ließ es aufwändig renovieren und umbauen. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, den Brackenheim einigermaßen gut überstand – dank Barbara Sophias Baumaßnahmen und ihrer Bemühungen, ihre Einkünfte aus dem Ort zu sichern. Der Jakobuskirche spendete sie ein Epitaph. Gelebt hat sie jedoch in Brackenheim nie. Sie zog das Schloss in Kirchheim unter Teck vor und starb im Exil in Straßburg.


Als Herzog Eberhard III im Jahr 1656 Maria Dorothea Sophia von Öttingen heiratete, erhielt auch sie Schloss und Stadt als Witwensitz. Am 29.9.1670 geriet das Schloss in Brand und brannte bis zum 1.10. Nur der Ostflügel blieb einigermaßen intakt. Ob Brandstiftung die Ursache war, konnte nie bestätigt werden.
Laut damaligen Obervogt sollen sich 1000 bis 2000 Personen bei den Löscharbeiten eingefunden haben, manche zum Helfen, andere zum „Gaffen“ oder sogar, um die Arbeit zu behindern. Viele Kunstwerke seien damals gestohlen worden.
Der 1672 begonnene Wiederaufbau ging aus Geldmangel abschnittweise voran und dauerte bis 1685. Die Ostwand des Westflügels wurde komplett erneuert.
Graf Eberhard III war mittlerweile verstorben. Seine sehr „durchsetzungsfreudige“ Witwe zog ins Stadtschloss in Kirchheim u. Teck, wo es ihr sehr gut gefiel  – und worüber man in Stuttgart sehr froh war. An die Ausstattung im Brackenheimer Schloss stellte sie hohe Ansprüche. Allein die Malerarbeiten von 1684 beliefen sich auf 20000 Gulden. Neues Mobiliar musste angeschafft werden, z.B. 78 neue Sessel. Auch mit dem bisherigen Bauplan war sie nicht einverstanden, wie sie 1676 in einem Brief an den Baumeister schrieb. Ihr Wunsch: 16 große Zimmer für sich, Fliesen im Flur, einen Altan zum Innenhof und darauf aufgestockt weitere 18 Zimmer, eine Steinbrücke als Zugang zum Bandhaus, das zur Kapelle umgebaut werden sollte, eine Apotheke mit Laboratorium, Boxen für 48 Pferde, Tapeten, neue Holzfußböden….

Letzten Endes kam auch sie wegen des Erbfolgekriegs 1688 sowie Erbstreitigkeiten zwischen ihrem Sohn und Württemberg nie nach Brackenheim.
Das Wasser für das Schloss kam durch eine Wasserleitung am Stadtgraben entlang aus Haberschlacht.
Von der Stadtmauer und der Zwingermauer ist nicht mehr allzu viel zu sehen.
Der Stadtgraben ging um den Stadtkern, wurde aber schon früh aufgefüllt für eine Gartenanlage.